Wenn Trauer zum Trauma wird -
Symbiose und Verlustbewältigung
Abschiede, Trennungen und Verlusterlebnisse gehören in die Entwicklung und das Leben eines jeden Menschen. Die mit diesen Phänomenen verbundene Trauer stellt eines der grundlegendsten Gefühle dar, die ein Mensch zur Verfügung hat.
Um Verlusterlebnisse verarbeiten zu können, benötigen Menschen einen aktiv auseinandersetzenden Trauerprozess, in dem der Verlust durchschmerzt, gefühlt und validiert werden kann.
Verschiedene Umstände, Risiken und Gegebenheiten, wie vorangegangenen Verlusttraumata, plötzliche oder gewaltsam zugefügte Verluste, symbiotische Bindungen oder Verstrickungen zwischen der verlierenden und der verlorenen Person können einen aktiven Bewältigungsprozess erschweren oder verhindern. Besonders häufig zeigen sich erschwerte, „traumatiserte“ Trauerprozesse nach Verlusten von LebenspartnerInnen und nach plötzlichen oder durch Erkrankungen verursachten Kindertod. Durch die Verknüpfung der elterlichen Existenz mit der des Kindes kann im Falle eines Verlustes eigene existentielle Bedrohung empfunden werden, bis hin zu dem Gefühl selbst sterben zu müssen oder zu wollen. Die tiefe existentielle Bedrohung und die Empfindung einer nicht zu bewältigen Schmerzsituation führen dem Traumamodell entsprechend zu tiefen inneren Spaltungen.
Meine Erfahrungen im Kinderhospiz und in der Aufstellungsarbeit haben gezeigt, dass trauernde Eltern weiteren Kindern nicht oder nur noch eingeschränkt emotional zur Verfügung stehen können, was innerhalb der Familie zu schweren Bindungsstörungen, weiteren Traumata, Traumafolgeerscheinungen und mehrgenerationaler Traumaweitergabe führen kann. Die im Zuge des Versuchs eines Erhaltes weiteren Funktionsfähigkeit latente Unterdrückung zugehöriger Trauergefühle führt häufig zu Depressionen oder Suchterkrankungen, Unzufriedenheitszuständen, Leeregefühlen, ebenso zu unmittelbaren Überflutungszuständen mit den Traumagefühlen und hat Auswirkungen auf die zukünftige Verlustbewältigung.
Traumaaufstellungen können es den Betroffenen ermöglichen bestehende postthanatale symbiotische Verstrickungen aufzulösen und somit nachträglich eine innere Ablösung und Klärung des ursprünglichen Verlustes anzubahnen und zu ermöglichen. Auf einer solchen Grundlage können positive, aktiv-bewältigende Verarbeitungsstrategien entwickelt werden.
Marina Schürmann, geb.1983
Diplompädagogin, Sonderpädagogin für Kinder mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen, Mediatorin nach Richtlinien BM, seit 2010 Weiterbildung in der mehrgenerationalen Psychotraumatologie und der Aufstellungsarbeit nach Franz Ruppert, Erfahrungen in der psychosozialen Trauerbegleitung von Eltern und Geschwistern sterbender Kinder.
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